Das gekaufte Web
Wie wir online manipuliert werdenFirnkes wartet mit einer unendlichen Zahl von Beispielen auf, wie die tägliche Beeinflussung durch die Mediale-Internetwelt tatsächlich schon aussieht und in welche Richtung sie steuert. Eines erschrickt jedoch bis ins Mark, wenn er den US-amerikanischen Autor Ryan Holiday und dessen Buch "Operation Shitstorm" zitiert. Dort äußert ein Politberater:
Kampagnen verstehen, dass es Geschichten gibt, die gewöhnliche Reporter nicht drucken würden. Also geben sie sie den Blogs.
und einen weiteren Wahlkampfmanager gar mit dem Zitat:
Es funktioniert wie eine direkte Injektion in die Adern deiner Unterstützer. Sie kotzen genau das heraus und setzen es auf ihre Blogs, was du ihnen gesagt hast.
Warum das so erschrickt muß nicht betont werden, US-amerikanische Verhältnisse finden sich mehr oder weniger schnell in Westeuropa wieder. Stellt Firnkes richtigerweise dann noch klar:
Interessanterweise hinterfragt das Publikum vor allem jene kaum, die mit den Portalen ihr Geld verdienen. Während Blogbetreiber einen Vertrauensbonus genießen, kennen Onlinejournalisten den abstrakten Vorwurf sehr gut, sie seien einer nicht näher definierten wirtschaftlichen oder politischen Macht verpflichtet...
Es müssen die Alarmglocken klingen. Falsch wäre es alle Blogger unter Generalverdacht zu stellen, richtig jedoch, auch beim "familiären" Blogger muß hinterfragt werden wo die ein oder andere Weisheit herstammt, bevor sie "geliked" oder "geteilt" wird.
Selbstverständlich müssen sich die Onlinejournalisten den Fragen stellen, warum ihr Ruf so desaströse geworden ist. Leider geht Firnkes m. E. nicht genug auf das Thema ein (es ist ja auch nicht Inhalt des Buches). Richtigerweise muß man jedoch klarstellen, daß es besonders die Berichterstattung über den Ukrainekrieg war, der die Mainstreammedien bloßgestellt hat. Genau dieser Mainstream hat sich mit Fälschungen und einseitiger Berichterstattung selbst ins Abseits navigiert und wird es schwer haben, aus dieser Ecke wieder herauszukommen. (Material zum Thema gibt es genügend.)
Ein weiteres erschreckendes Phänomen greift der Autor plastisch auf. Grade die faschistoide Szene macht sich die Strukturen der Netz-Community zunutze. In private Meinungsäußerungen verkleidet, stolzieren die Protagonisten durch die Blogs und Foren, um der rechten Propaganda die Türen und Tore zu öffnen und oftmals ist es schwer zu erkennen, wer hinter der gezielte Meinungsmache steckt. Dem einen oder anderen Blogbetreiber ist daher kein Vorwurf zu machen, wenn er diese Beiträge nicht sofort herauslöscht, sondern als "freie Meinungsäußerung" toleriert.
Das ganze Buch ist darauf angelegt die Sinne für Propaganda, Manipulation und Einflußnahme zu schärfen. Hervorzuheben ist, daß der Autor genügend Beispiele zusammengetragen hat, um zu zeigen, daß dies keine Einzelfälle sind, sondern Agenturen, Werbetreibende und Lobbyverbände die privaten Blogs schon geraume Zeit im Blick haben, um sie mit Verlockungen und gezielter Unterstützung ihren Interessen geneigt zu machen.
Letztendlich ist es dann nicht verwunderlich, daß die Politik in den Bloggern neue Multiplikatoren sieht, die es einzuspannen gilt oder, daß sie und auch andere Interessenverbände, eigene Blogs initiieren und von instrumentalisierten Anhängern betreiben lassen.
Eines der obersten Ziele muß es daher sein, die Blogs aus der Ecke der "Schmuddelkinder" zu holen und ihnen einen angemessenen Platz in der Medienwelt zu geben. Das wird jedoch nur gelingen, wenn deren Autoren sich den journalistischen Prinzipien annähern ohne sich dabei selbst zu verleugnen.
Das Buch ist im "Verlag Heinz Heise (Telepolis)" erschienen. ISBN: 978-3-944099-08-8
Ich habe diese Besprechung in zwei Teile gegliedert, um zu vermeiden, daß diese wichtigen Themen vermischt werden. Der erste Teil hat sich mit "Werbung" befasst.
Gerne würde ich diese Themen mit Euch weiter besprechen, bitte verwendet hierfür unser Forum.
Da die Vorschläge von Michael Firnkes, auch Blogger sollten sich an den "Pressekodex des Deutschen Presserates" halten, zu einer breiten Diskussion geführt haben, sah ich mich bemüht, mir einmal Gedanken darüber zu machen, wie so etwas (ohne Regulierungswahn) aussehen könnte. Den Beitrag findet Ihr hier.
Da die Vorschläge von Michael Firnkes, auch Blogger sollten sich an den "Pressekodex des Deutschen Presserates" halten, zu einer breiten Diskussion geführt haben, sah ich mich bemüht, mir einmal Gedanken darüber zu machen, wie so etwas (ohne Regulierungswahn) aussehen könnte. Den Beitrag findet Ihr hier.
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